Riesenchromosomen bei Drosophila melanogaster

Riesenchromosomen, auch polytäne Chromosomen genannt, sind eine Abweichung vom allgemeinen Mitose-Schema.
Die Polytänisierung hat für die experimentelle Genetik eine besonders wichtige Bedeutung.

Sie entstehen, wenn nach der Phase der DNA-Replikation keine Mitose folgt. Die Chromatinfäden werden nicht normal verdichtet, die Chromatiden selbst homologer Chromosomen werden nicht getrennt, sondern sind eng gepaart aneinandergelegt.
Zellen mit acht Chromosomen bilden vier Riesen-Chromosmen. Bei der Polytänisierung werden zehn oder mehr Replikationsrunden durchgeführt, so dass 1000-2000 identische Chromatin-Fäden entstehen.

Jedoch nehmen nicht alle DNA-Abschnitte gleichmäßig an der Replikation teil, die hoch repetitiven Centromer-Bereiche sind unterpräsentiert genauso wie andere repetitive Genabschnitte.

Diese polytänen Chromosomen sind in den Speicheldrüsen von Insektenlarven am besten untersucht, doch findet man diese auch in anderen Organen von diesen Larven und auch bei anderen Tier- und Pflanzenarten.

Bei geeigneter Färbung werden Bandenmuster sichtbar, die ein Ausdruck der genauen Paarung von den vielen nebeneinander liegenden Chromatinfäden sind. Jede Art hat ein spezifisches Bandenmuster, bei Drosophila melanogaster sind es ca. 5000 Banden und ebensoviele Zwischenbanden. Das Muster entsteht durch die unterschiedlich dichte Packung des Chromatins in den einzlnen Bändern.

In diesen Banden lässt sich die Aktivität von Genen beobachten, weil diese dann aufgelockert erscheinen. Diese Stellen nennt man Balbani-Ringe oder Puffs.
Die Puffs sind Ort intensiver RNA-Synthese und die Ausbildung geht einher mit der Proteinsynthese. Aus diesem Grund sind die Puffs je nach Fundort des Chromosoms unterschiedlich, da immer andere Gene translatiert werden müssen.

Besonders intensiv wurde das bei Larven von Drosophila melanogaster untersucht. Eines der Ergebnisse war, dass sich neue Puffs in den Riesenchromosomen der Speicheldrüse bilden, wenn das Hormon Ecdyson zur Wirkung kommt. Das liegt daran, dass die aktivierten gene für sekretorische Proteine kodieren, die für den Aufbau der Puppenhülle essentiell sind.