Smaragdprachtbarsche (Pelvicachromis taeniatus) passen ihre Brutpflege dem Zustand der Jungen an

Nach zahlreichen Zusammenfassungen rund um das Biologiestudium möchte ich euch heute meine erste Veröffentlichung vorstellen.

Der Titel dieser lautet „Parental investment in relation to offspring quality in the biparental cichlid fish Pelvicachromis taeniatus”, sie wurde bei der wissenschaftlichen Zeitschrift “Animal Behaviour” vom Verlag Elsevier veröffentlicht.

Wir haben herausgefunden, dass Eltern der Smaragdprachtbarsche (Pelvicachromis taeniatus) ihre Kinder nicht gleich behandeln. Gut ernährte, große Babys erhalten von ihnen mehr Aufmerksamkeit als unterversorgte, kleine Nachkommen. Das mag unmenschlich erscheinen, ist jedoch aus evolutiver Perspektive der einzig sinnvolle Weg. Schwache, kranke Kinder werden sich eher unwahrscheinlich gut vermehren und wohl schon bald einem Räuber zum Opfer fallen. Wozu sollten die Eltern also Zeit und Energie in solche Nachkommen stecken, wenn sie die Zeit viel sinnvoller nutzen könnten bei der Aufzucht von gesunden und starken Kindern, die sich wiederum gut vermehren werden. Solche Nachkommen sorgen nämlich auch dafür, dass sich die Gene der Eltern gut verteilen und erhalten bleiben, was das biologisch oberste Ziel jedes Lebewesens ist. Bruten von kleiner Stückzahl wurden von diesen Buntbarschen sogar kannibalisiert, vermutlich um einen Teil der bereits investierten Energie zurück zu gewinnen. Der Versuch zeigt auch, dass diese Fische in der Lage sind, die genaue Größe und die Fitness der Jungen einzuschätzen – ob dies visuell oder über den Geruch erfolgt, bleibt offen.

Bei diesen Buntbarschen kümmern sich beide Eltern um die Brut, interessanterweise stellten sich jedoch die Weibchen als die aggressiveren gegenüber ihrem Partner bei den gut genährten, großen Jungen heraus. Das kann darauf hindeuten, dass die Weibchen generell mehr Energie in die Aufzucht der Jungen investieren und wäre eine Fortsetzung des Energieverhältnisses während der Eiablage – die Weibchen müssen viele Reserven aufbrauchen, um große und viele Eier zu produzieren, das Männchen braucht für die Spermien nur wenig Aufwand. Daher ist das elterliche Investment schon beim Vorhandensein der Eier auf Weibchenseite verschoben. Und eben dieses sollte dann, weil es schon viel investiert hat, sich mehr um die Jungen kümmern. Und dann vor allem um große und starke, die ihre Gene weiter verbreiten.

Den vollständigen Text könnt ihr hier anfordern.

Hinzufügen möchte ich noch einen kleinen persönlichen Gedanken über die Übertragbarkeit auf menschliche Verhältnisse:

Interessanterweise befinden wir uns erst seit den letzten Jahrzehnten in der Position, benachteiligten, kranken und schwachen Personen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn seit Anbeginn der Menschheit wurden eben solche Personen sich selbst überlassen, versteckt oder teilweise sogar misshandelt. Verhalten wir uns heute unter dem Mantel der „Menschlichkeit“ destruktiv und vernichten unsere Fortpflanzungsmöglichkeiten? So einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht, denn fürsorgliche Menschen könnten biologisch als Partner wieder attraktiver sein, die eigenen Kinder können dann aus der dann auch vorhandenen starken Fürsorge einen Vorteil ziehen gegenüber Kindern von fürsorgelosen Eltern. Ein weiterer, nicht unwichtiger Aspekt ist der, dass die kranken und schwachen Kinder durch die stärkere Fürsorge den Abstand den „normalen“ wieder aufholen können und sich dann auch selbst erfolgreich reproduzieren können. Auch muss man bedenken, dass im Gegensatz zu Fischen, die eine Brut von bis zu 200 Jungen alle paar Wochen bei Verlust der alten Brut neu aufziehen können, menschliche Kinder eine deutlich längere Zeit im Bauch der Mutter verbringen und deutlich langsamer wachsen. Ein Verlust eines Kindes bedeutet daher auch einen viel größeren Zeit- und Energieverlust für einen Menschen als für einen Fisch. Darüber hinaus sind menschliche Babys unselbstständig und müssen die ersten Lebensmonate von der Mutter versorgt werden. Ein sich selbst überlassenes Baby hätte keine Überlebenschance. Bei den Fischen schlüpfen die Kinder mit einem Dottersack aus dem Ei, der sie die ersten Lebenstage ernährt und können sich danach von Tag 1 an selbstständig von Mikroorganismen ernähren. Selbst wenn Fischeltern die Kinder alleine lassen, haben sie eine (wenn auch eine deutlich geringere) Überlebenschance.

Viel Spass bei der Lektüre!