Die Präferenz männlicher Smaragdprachtbuntbarsche führt die Evolution größerer weiblicher Bauchflossen herbei

Nachdem nun einige Zeit vergangen ist, möchte ich euch nochmals eine aktuelle Veröffentlichung vorstellen, bei deren Experimenten ich mitgewirkt habe.

Diese Publikation wurde bei BMC Evolutionary Biology, einem Open-Access-Verlag veröffentlicht. Ihr Titel ist „Male mate choice scales female ornament allometry in a cichlid fish” und sie ist hier abrufbar.

Bei dem Smaragdprachtbuntbarsch Pelvicachromis taeniatus hat sich herausgestellt, dass die weibliche Bauchflosse ein Ornament (i.e. ein sexuell selektiertes Merkmal) ist, dessen Evolution durch männliche Partnerwahl forciert wird. In mittels Computeranimationen durchgeführten Partnerwahlversuchen zeigte sich, dass Weibchen mit größeren Bauchflossen von den Männchen signifikant bevorzugt werden. Darüber hinaus konnte durch Röntgenbilder festgestellt werden, dass der Hauptstrahl der weiblichen Bauchflosse isometrisch mit der Körpergröße skaliert und daher vermutlich ein sexuell selektiertes Merkmal ist. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die Präferenz der Männchen für die – ebenfalls wie die Bauchfläche – lila gefärbten Bauchflossen dazu geführt hat, dass junge Weibchen früh große Flossen entwickeln. Es bleibt unklar, inwiefern eine große Bauchflosse weibliche Fitness widerspiegelt oder nur ein Merkmal ist, um männliche Präferenz auszunutzen. Ein solcher Zusammenhang ist nicht selten und findet sich oft bei Tieren, jedoch selten bei Weibchen. Viel öfter führen weibliche Präferenzen dazu, dass Ornamente bei Männchen immer größer und größer werden, und zwar über das Niveau hinaus, welches männliche Fitness optimal werden lässt. Dieser Vorgang kann nur erfolgen, wenn die Präferenz für das Ornament zusammen mit der Ornamentexpression genetisch vererbt wird, also wenn die Evolution nach den Prinzipien von Fisher erfolgt. In diesem Fall wird dieser Vorgang in der Evolutionsbiologie als „Runaway sexual selection“ bezeichnet. Allerdings kann auch das „Good Genes“ Modell nach Zahavi diesen Prozess erklären, indem das „übertriebene“ Merkmal als Handicap gesehen wird, welches nur dann überwunden werden kann, wenn das Tier ansonsten über gute Fitness verfügt. Beispielsweise wird ein schwacher Pfau mit 50 cm langen Schwanzfedern einem Prädator schlechter entfliehen können als ein starker Pfau mit genauso langen Federn. Nur letzterer kann sich erfolgreich fortpflanzen.

Interessanterweise stellte sich heraus, dass auch das Wachstum der Schwanzflosse isometrisch mit Körpergröße zusammenhängt. Jedoch kann es hier sein, dass sich dieses Merkmal aufgrund von Prädationsgefahr entwickelt hat – Fische mit größeren Flossen schwimmen schneller und können daher besser fliehen. Womöglich ist sogar eine isometrische Vergrößerung der Schwanzflosse notwendig, um den wachsenden Körper ausreichend für andere Zwecke fortbewegen zu können – sei es zum Nahrungserwerb, zur intrasexuellen Aggression oder zur Balz, jedoch sind diese Möglichkeiten schwer zu prüfen.

Diese Thematik bietet noch sehr viele unerforschte Fragestellungen, auch in der Partnerwahl des Menschen. Es ist unklar, inwiefern menschliche Präferenzen für bestimmte Partnertypen genetisch zusammen mit dem Aussehen dieses Partnertyps vererbt werden oder inwiefern bestimmtes, für Partner attraktives Aussehen ein Handicap darstellt.

Auch hierbei wünsche ich viel Spass während der Lektüre!