Unbezahlte Leibwächter

Es gibt viele verschiedene parasitisch lebende Tiere.

Als Schmarotzer leben sie auf Wirten, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Doch auch Parasiten können selber von anderen Parasiten als Wirt benutzt werden, solche Tiere bezeichnet man als Hyperparasiten.
Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Parasiten ihre Wirte als unbezahlte Leibwächter missbrauchen können, um Hyperparasiten abzuwehren. So handhaben es parasitische Wespen der Gattung Microplitis laut einem Bericht von Jeffrey A. Harvey und Kollegen in „Animal Behaviour“. Diese Wespen legen Eier auf lebende Raupen ab. Aus diesen Eiern schlüpfen Larven, die einen Teil der Raupe auffressen. Allerdings wird nur so viel gefressen, dass die Raupe gerade noch überlebt. Anschließend verpuppt sich die Wespenlarve und heftet ihren Kokon an das leblose Hinterteil der Raupe an. Diese Strategie ist für das Überleben der jungen Wespe ganz wichtig. Denn dadurch, dass die Raupe am Leben gelassen wird, fungiert diese als zuverlässiger Leibwächter und wehrt Hyperparasiten ab. So wird auch verhindert, dass die hyperparasitische Wespe Gelis agilis an den Kokon kommt und auf diesem ein Ei hinterlässt. In den Experimenten attackierten parasitierte Raupen diese Wespen und vertrieben sie erfolgreich. So wird das Überleben des an ihnen befestigten Parasitenkokons gesichert.

Wie der Parasit die Raupe jedoch dazu bringt, bleibt jedoch noch offen. Unbezahlte Leibwächter sind nämlich bei Menschen und Tieren gleichermaßen selten.


Foto: © dpi.qld.gov.au

Ameisenlarven und ihre Nahrung – wie nehmen sie feste Nahrung auf?

Heute möchte ich euch einen Sachverhalt aus der Myrmekologie vorstellen, der selbst vielen an Ameisen interessierten Personen grösstenteils unbekannt sein sollte.

Ameisenlarven werden generell sowohl mit flüssiger als auch fester Nahrung gefüttert. Wie bei Cassill & Tschinkel 1995 beschrieben, stellte sich bei der Feuerameise Solenopsis invicta heraus, dass die Larven nach ganz bestimmten Mustern mit Nahrung versorgt werden. Die Arbeiterinnen patroullieren im Nest zwischen allen Larven, so dass jede innerhalb weniger Sekunden befühlert wird. Diese Befühlerung dient dazu, den Hungerstatus der Larve festzustellen. Neben den Antennen können hierbei auch die Maxillenpalpen oder die Glossae (i.e. Zunge) involviert sein. Nachdem der Hungerstatus festgestellt wurde, wird die Larve im Rahmen einer binären Antwort (Füttern oder nicht füttern) in Abhängigkeit von ihrer Körpergröße mit Nahrung versorgt. Weder die Position der Larve auf einem Ballen noch die Größe oder der Hungerstatus benachbarter Larven beeinflussten die Fütterungsrate. Aus dem Grund ist anzunehmen, dass jede Larve individuell versorgt wird. Interessanterweise ist in der Erforschung des Fressverhaltens von Ameisenlarven flüssige Nahrung im Schwerpunkt, die Allokation fester Nahrung hat deutlich weniger Aufmerksamkeit erregt. Obwohl Ameisen sehr oft Insekten eintragen und diese einen Hauptbestandteil ihrer Nahrung darstellen, ist die Quantität der Verfütterung dieser an die Larven selten (1-4% der Nahrung).

Dieser Sachverhalt wurde von Cassill et al. 2005 näher untersucht. Die Forscher benutzten die Ameise Pheidole spadonia als Modellorganismus. Es stellte sich heraus, dass die Larven keine feste Nahrung direkt aufnehmen. Zwar legten die Arbeiterinnen zerteilte Brocken von Fruchtfliegen auf den Futterkorb (i.e. der vordere Teil des Bauches) von Larven. Diese bissen Löcher in die Futterbrocken, um ihren Verdauungssaft in diese zu injizieren, ähnlich wie bei Spinnen. Anschließend führen diese Verdauungssäfte eine Verflüssigung der Insektenpartikel herbei. Nachdem die Arbeiterinnen nun diesen Saft aufnehmen, verfüttern sie diesen kurz danach wieder an die Larve. Im Endeffekt bedeutet das, dass die Arbeiterinnen und Larven eine Arbeitsteilung bei der Verdauung von Futtertieren eingehen.
Inwiefern dieser Zusammenhang übertragbar auf andere Ameisenarten ist, bleibt offen. Jedoch erscheint es wahrscheinlich, dass der Verflüssigungsprozess auch dort durchgeführt wird, betrachtet man doch den im Bauch von Larven den immer gleichmässig runden-elliptischen Darminhalt. Würden die Larven feste Brocken aufnehmen, müsste man auch einen unregelmässig geformten Darm wahrnehmen können.

Ponerinen sind Ameisen, die sich vorwiegend zoophag ernähren. Hierbei werden die Larven oft direkt an das erlegte Futtertier angesetzt und diese ernähren sich selbstständig. Die Larven dieser Ameisen sind dazu auch in der Lage, da ihre Körperbewegung viel stärker ausgeprägt ist. Da man oft beobachten kann, dass die Larven auf dem Futtertier verbleiben bis sie gesättigt sind, ist anzunehmen, dass sie die verflüssigte Nahrung anschließend selbstständig aufnehmen können. Um diesen Sachverhalt zu klären, sind jedoch noch weitere Studien notwendig.

In den folgenden Videoaufnahmen wird gezeigt, wie Larven von der afrikanischen Schnappkieferameise Odontomachus assiniensis und der europäischen Ameise Myrmica rubra sich mit Nahrung versorgen bzw. versorgt werden.

Die Präferenz männlicher Smaragdprachtbuntbarsche führt die Evolution größerer weiblicher Bauchflossen herbei

Nachdem nun einige Zeit vergangen ist, möchte ich euch nochmals eine aktuelle Veröffentlichung vorstellen, bei deren Experimenten ich mitgewirkt habe.

Diese Publikation wurde bei BMC Evolutionary Biology, einem Open-Access-Verlag veröffentlicht. Ihr Titel ist „Male mate choice scales female ornament allometry in a cichlid fish” und sie ist hier abrufbar.

Bei dem Smaragdprachtbuntbarsch Pelvicachromis taeniatus hat sich herausgestellt, dass die weibliche Bauchflosse ein Ornament (i.e. ein sexuell selektiertes Merkmal) ist, dessen Evolution durch männliche Partnerwahl forciert wird. In mittels Computeranimationen durchgeführten Partnerwahlversuchen zeigte sich, dass Weibchen mit größeren Bauchflossen von den Männchen signifikant bevorzugt werden. Darüber hinaus konnte durch Röntgenbilder festgestellt werden, dass der Hauptstrahl der weiblichen Bauchflosse isometrisch mit der Körpergröße skaliert und daher vermutlich ein sexuell selektiertes Merkmal ist. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die Präferenz der Männchen für die – ebenfalls wie die Bauchfläche – lila gefärbten Bauchflossen dazu geführt hat, dass junge Weibchen früh große Flossen entwickeln. Es bleibt unklar, inwiefern eine große Bauchflosse weibliche Fitness widerspiegelt oder nur ein Merkmal ist, um männliche Präferenz auszunutzen. Ein solcher Zusammenhang ist nicht selten und findet sich oft bei Tieren, jedoch selten bei Weibchen. Viel öfter führen weibliche Präferenzen dazu, dass Ornamente bei Männchen immer größer und größer werden, und zwar über das Niveau hinaus, welches männliche Fitness optimal werden lässt. Dieser Vorgang kann nur erfolgen, wenn die Präferenz für das Ornament zusammen mit der Ornamentexpression genetisch vererbt wird, also wenn die Evolution nach den Prinzipien von Fisher erfolgt. In diesem Fall wird dieser Vorgang in der Evolutionsbiologie als „Runaway sexual selection“ bezeichnet. Allerdings kann auch das „Good Genes“ Modell nach Zahavi diesen Prozess erklären, indem das „übertriebene“ Merkmal als Handicap gesehen wird, welches nur dann überwunden werden kann, wenn das Tier ansonsten über gute Fitness verfügt. Beispielsweise wird ein schwacher Pfau mit 50 cm langen Schwanzfedern einem Prädator schlechter entfliehen können als ein starker Pfau mit genauso langen Federn. Nur letzterer kann sich erfolgreich fortpflanzen.

Interessanterweise stellte sich heraus, dass auch das Wachstum der Schwanzflosse isometrisch mit Körpergröße zusammenhängt. Jedoch kann es hier sein, dass sich dieses Merkmal aufgrund von Prädationsgefahr entwickelt hat – Fische mit größeren Flossen schwimmen schneller und können daher besser fliehen. Womöglich ist sogar eine isometrische Vergrößerung der Schwanzflosse notwendig, um den wachsenden Körper ausreichend für andere Zwecke fortbewegen zu können – sei es zum Nahrungserwerb, zur intrasexuellen Aggression oder zur Balz, jedoch sind diese Möglichkeiten schwer zu prüfen.

Diese Thematik bietet noch sehr viele unerforschte Fragestellungen, auch in der Partnerwahl des Menschen. Es ist unklar, inwiefern menschliche Präferenzen für bestimmte Partnertypen genetisch zusammen mit dem Aussehen dieses Partnertyps vererbt werden oder inwiefern bestimmtes, für Partner attraktives Aussehen ein Handicap darstellt.

Auch hierbei wünsche ich viel Spass während der Lektüre!

Ameisenpräparation und Mikrofotografie – Kompendium

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit Ameisen, in letzter Zeit stand dabei vor allem die Präparation und Mikrofotografie im Vordergrund.

In einem kleinen Kompendium rund um die Präparation von Ameisen sowie die Mikrofotografie möchte ich euch diesen interessanten Aspekt der Myrmekologie näherbringen.

Weiterlesen…

Übersicht über das Kompendium

1. Ameisenpräparation – die Technik
2. Ameisenpräparation – die Methodik
3. Ameisenpräparation – die Bildergalerie

Smaragdprachtbarsche (Pelvicachromis taeniatus) passen ihre Brutpflege dem Zustand der Jungen an

Nach zahlreichen Zusammenfassungen rund um das Biologiestudium möchte ich euch heute meine erste Veröffentlichung vorstellen.

Der Titel dieser lautet „Parental investment in relation to offspring quality in the biparental cichlid fish Pelvicachromis taeniatus”, sie wurde bei der wissenschaftlichen Zeitschrift “Animal Behaviour” vom Verlag Elsevier veröffentlicht.

Wir haben herausgefunden, dass Eltern der Smaragdprachtbarsche (Pelvicachromis taeniatus) ihre Kinder nicht gleich behandeln. Gut ernährte, große Babys erhalten von ihnen mehr Aufmerksamkeit als unterversorgte, kleine Nachkommen. Das mag unmenschlich erscheinen, ist jedoch aus evolutiver Perspektive der einzig sinnvolle Weg. Schwache, kranke Kinder werden sich eher unwahrscheinlich gut vermehren und wohl schon bald einem Räuber zum Opfer fallen. Wozu sollten die Eltern also Zeit und Energie in solche Nachkommen stecken, wenn sie die Zeit viel sinnvoller nutzen könnten bei der Aufzucht von gesunden und starken Kindern, die sich wiederum gut vermehren werden. Solche Nachkommen sorgen nämlich auch dafür, dass sich die Gene der Eltern gut verteilen und erhalten bleiben, was das biologisch oberste Ziel jedes Lebewesens ist. Bruten von kleiner Stückzahl wurden von diesen Buntbarschen sogar kannibalisiert, vermutlich um einen Teil der bereits investierten Energie zurück zu gewinnen. Der Versuch zeigt auch, dass diese Fische in der Lage sind, die genaue Größe und die Fitness der Jungen einzuschätzen – ob dies visuell oder über den Geruch erfolgt, bleibt offen.

Bei diesen Buntbarschen kümmern sich beide Eltern um die Brut, interessanterweise stellten sich jedoch die Weibchen als die aggressiveren gegenüber ihrem Partner bei den gut genährten, großen Jungen heraus. Das kann darauf hindeuten, dass die Weibchen generell mehr Energie in die Aufzucht der Jungen investieren und wäre eine Fortsetzung des Energieverhältnisses während der Eiablage – die Weibchen müssen viele Reserven aufbrauchen, um große und viele Eier zu produzieren, das Männchen braucht für die Spermien nur wenig Aufwand. Daher ist das elterliche Investment schon beim Vorhandensein der Eier auf Weibchenseite verschoben. Und eben dieses sollte dann, weil es schon viel investiert hat, sich mehr um die Jungen kümmern. Und dann vor allem um große und starke, die ihre Gene weiter verbreiten.

Den vollständigen Text könnt ihr hier anfordern.

Hinzufügen möchte ich noch einen kleinen persönlichen Gedanken über die Übertragbarkeit auf menschliche Verhältnisse:

Interessanterweise befinden wir uns erst seit den letzten Jahrzehnten in der Position, benachteiligten, kranken und schwachen Personen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Denn seit Anbeginn der Menschheit wurden eben solche Personen sich selbst überlassen, versteckt oder teilweise sogar misshandelt. Verhalten wir uns heute unter dem Mantel der „Menschlichkeit“ destruktiv und vernichten unsere Fortpflanzungsmöglichkeiten? So einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht, denn fürsorgliche Menschen könnten biologisch als Partner wieder attraktiver sein, die eigenen Kinder können dann aus der dann auch vorhandenen starken Fürsorge einen Vorteil ziehen gegenüber Kindern von fürsorgelosen Eltern. Ein weiterer, nicht unwichtiger Aspekt ist der, dass die kranken und schwachen Kinder durch die stärkere Fürsorge den Abstand den „normalen“ wieder aufholen können und sich dann auch selbst erfolgreich reproduzieren können. Auch muss man bedenken, dass im Gegensatz zu Fischen, die eine Brut von bis zu 200 Jungen alle paar Wochen bei Verlust der alten Brut neu aufziehen können, menschliche Kinder eine deutlich längere Zeit im Bauch der Mutter verbringen und deutlich langsamer wachsen. Ein Verlust eines Kindes bedeutet daher auch einen viel größeren Zeit- und Energieverlust für einen Menschen als für einen Fisch. Darüber hinaus sind menschliche Babys unselbstständig und müssen die ersten Lebensmonate von der Mutter versorgt werden. Ein sich selbst überlassenes Baby hätte keine Überlebenschance. Bei den Fischen schlüpfen die Kinder mit einem Dottersack aus dem Ei, der sie die ersten Lebenstage ernährt und können sich danach von Tag 1 an selbstständig von Mikroorganismen ernähren. Selbst wenn Fischeltern die Kinder alleine lassen, haben sie eine (wenn auch eine deutlich geringere) Überlebenschance.

Viel Spass bei der Lektüre!

Zoologie / Verhaltensökologie Diplom Zusammenfassung

Hi @ll!

Nach langer Vorbereitungszeit konnte ich heute die Zusammenfassung zur Diplomprüfung Zoologie Spezialgebiet Verhaltensökologie (Behavioural Ecology) erfolgreich fertigstellen.

In diesem Dokument findet ihr alles Prüfungsrelevante für Biologen, die ihre Diplomprüfung in Zoologie mit Spezialgebiet Verhaltensökologie ablegen wollen.

Enthalten sind folgende Themen:

Kausale und funktionale Erklärungen
Überprüfung von Hypothesen
Ökonomische Entscheidungen
Konkurrenz um Ressourcen
Evolutive Wettläufe
Sexueller Konflikt, Sexuelle Selektion
Alternative Paarungsstrategien
Aggressionsverhalten
Das Leben in Gruppen
Brutpflege und Fortpflanzungssysteme
Egoismus, Altruismus, Kooperation
Helferverhalten
Evolution von Eusozialität, Haplodiplonten
Anpassung oder Dichtung, Grund und Effekt, Störvariablen, Alternative Anpassungsgipfel oder nichtadaptive Unterschiede?
Hamiltons Regel und die Anpassung derselben für eusoziale Tiere.
Spieltheoretische Modelle von Maynard-Smith (Aggressionen, Elterliche Investition)
Zahlreiche Beispiele für die einzelnen Theorien mit verschiedensten Tierarten

Und als ganz besonderes Extra sind ausdruckbare Visitenkarten zum Lernen und Wiederholen wichtiger Sachverhalte der Verhaltensökologie enthalten.

Viel Spass beim Lesen (und Lernen). Ein heißer Lesetipp auch für Leute, die an Verhaltensbiologie interessiert sind und nicht Biologie studieren.

Download “Zoologie/Verhaltensökologie Diplom-Zusammenfassung”

Zoologie-Verhaltensoekologie-Diplom-Zusammenfassung.pdf – 16019-mal heruntergeladen – 4,23 MB

Spieltheoretische Modelle von Maynard-Smith – Warum bekämpfen sich Tiere nicht immer?

Bei vielen Tieren kommt es zu Konkurrenz um Ressourcen – sei es um Zugang zu Nahrung oder zu Weibchen. Der Gewinner einer solchen Konkurrenz wird in vielen Fällen unblutig bestimmt. Nun stellt sich die Frage, warum die Konkurrenten sich stattdessen nicht immer bekämpfen, bis ein eindeutiger Gewinner hervorgeht und stattdessen nur Drohgebärden austauschen? Basierend auf der damals verbreiteten Gruppenselektionstheorie hat man lange vermutet, dass Tiere durch den Kampf und die gegenseitige Verletzung das Überleben der Art gefährden. Inzwischen hat man jedoch herausgefunden, dass die Gruppenselektionstheorie überholt ist, jedes Individuum versucht nur, seine persönliche Genweitergabe zu maximieren.
Daraus hervorgehend, sollte jeder Kampf durch die Ansammlung von Kosten und Nutzen entschieden werden. Um einen Vergleich zwischen Kosten und Nutzen ziehen zu können, sind spieltheoretische Modelle wie von Maynard-Smith 1976 vorgestellt, wichtig. Im Grunde wird angenommen, dass es Individuuen innerhalb einer Art gibt, die unterschiedliche Strategien verfolgen, um ihren Erfolg zu maximieren.

Dieses spieltheoretische Modell ist auch gut bekannt unter dem Namen „Falke-Taube-Spiel“ oder „Falke-Taube-Bourgeois-Spiel“ und wird nun im Folgenden vorgestellt.

Die Nutzen und Kosten in diesem Modell sind wie folgt verteilt:
Gewinner +50
Verlierer 0
Drohen -10
Verletzung -100
Positive Punkte sind anzusehen als Fitnessgewinn (Zugang zu Weibchen oder Nahrung), negative Punkte als Fitnessverlust des Individuums.

Das Falke-Taube-Spiel

Es gibt in diesem Modell „Falken“, die immer bis zur Verletzung um den Sieg kämpfen. Darüber hinaus gibt es „Tauben“, die maximal eine Drohgebärde zeigen und nie bis zur Verletzung kämpfen, sondern vorher aufgeben. Diese zwei Strategien spiegeln die beiden Extreme in Auseinandersetzungen in der Natur wieder.

Folgende Spielsituationen und Spielergebnisse werden angenommen:
Trifft ein Falke auf einen Falken, gewinnt er in der Hälfte der Fälle, in der anderen Hälfte der Fälle verliert er und zieht sich eine Verletzung zu.
Trifft ein Falke auf eine Taube, gewinnt stets der Falke und die Taube verliert, da sie flieht
Treffen zwei Tauben aufeinander, kommt es immer zu einer Drohgebärde von jeder Seite und in der Hälfte der Fälle gewinnt eine Taube, in der anderen Hälfte der Fälle verliert sie.
In der folgenden Grafik sind die erzielten Punkte für den Angreifer dargestellt.

Jetzt stellt sich die Frage, wie die Evolution nun in der Verteilung der Falken und der Tauben vorgeht.
Angenommen die komplette Population einer Art würde nach der Taubenstrategie agieren und immer +15 Punkte gewinnen. Jetzt würde ein zufällig auftretender „Falke“ gegenüber den „Tauben“ einen enormen Vorteil haben, da er aus jeder Konfrontation +50 Punkte ziehen kann. Das zeigt, dass die Taubenstrategie alleine keine evolutionsstabile Strategie sein kann.
Im Gegensatz dazu nehmen wir jetzt an, dass alle Mitglieder der Population nach der Falkenstrategie agieren würden. Dabei würden bei jeder Konfrontation 25 Punkte verloren gehen und eine zufällig auftretende „Taube“ würde dadurch, dass sie mit 0 Punkten keine Verluste davonträgt, sich in der Population durchsetzen. Also kann auch die Falkenstrategie alleine nicht existieren.

Ein evolutionsstabiles Gleichgewicht kann also nur entstehen, wenn es jeweils von den „Falken“ und den „Tauben“ einen bestimmten Anteil in der Population gibt. Dadurch müsste jeder Falke und jede Taube den gleichen Gewinn erzielen. Diese Zusammensetzung der Population kann man wie folgt berechnen. f ist hierbei die Proportion der Falken in der Population, also ist (1-f) der Anteil der Tauben.

Falken= (-25 x f) + (50 x (1-f))
Tauben= (0 x f) + (15 x (1-f))
Das evolutionsstabile Gleichgewicht lässt sich berechnen, indem man Falken und Tauben gleichsetzt, also:
(-25 x f) + (50 x (1-f)) = (0 x f) + (15 x (1-f))
Löst man diese Gleichung nach f auf, so ergibt sich:
f = 7/12, (1-f) = 5/12.

Das zeigt, damit das Falke-Taube-Spiel eine evolutionsstabile Strategie werden kann, muss der Anteil der Falken in der Population 7/12 bzw. 58,33% sein, während der Anteil der Tauben 5/12 bzw. 41,67% sein muss.
Jedoch muss nicht jedes Individuum sein Leben lang auf eine der beiden Strategien fixiert sein, sondern kann auch bei jedem Kampf mit den oben berechneten Wahrscheinlichkeiten entweder „Falke“ oder „Taube“ als Strategie wählen.

Der durchschnittliche Gewinn für jedes Individuum wären bei diesem Verhältnis 6,25 Punkte pro Auseinandersetzung. Jedoch ist diese Punkteverteilung nicht das Optimum für jedes Individuum, es wäre besser, alle würden „Taube“ spielen, wo jedes Individuum bei jeder Auseinandersetzung durchschnittlich 15 Punkte erzielen könnten. Jedoch ist, wie oben schon gesagt, dieses Prinzip empfindlich gegenüber der Ausnutzung eines/weniger Individuuen, die die Falkenstrategie adoptieren. Das evolutionsstabile Gleichgewicht ist hingegen immun gegen solche Ausnahmen und verhindert das Ausnutzen der Population zum eigenen Vorteil.

Das Falke-Taube-Bourgeois-Spiel

Die bisherigen Annahmen waren darauf beschränkt, dass es nur zwei verschiedene Strategien in der Population gibt. In dem folgenden Modell berücksichtigen wir noch eine dritte Strategie: „Bourgeois“. Diese Strategie verhält sich als Besitzer eines Gebietes wie ein Falke, als Eindringling in das Gebiet eines Anderen wie eine Taube. Es wird angenommen, dass ein „Bourgeois“ – Individuum in der Hälfte der Fälle ein Besitzer, in der anderen Hälfte, der Eindringling ist. Zwischen zwei aufeinander treffenden „Bourgeois“ – Strategien gibt es nie eine Drohung oder eine Verletzung, sondern nur Gewinner und Verlierer. Die Auszahlungen an den Angreifer sind damit, wie in der folgenden Grafik dargestellt:

Im Gegensatz zu einer reinen „Falken“ oder „Tauben“ – Population ergibt sich bei einer rienen „Bourgeois“ – Population folgendes Bild: Der durchschnittliche Gewinn einer Auseinandersetzung ist +25. Würde es einen „Falken“ in dieser Population geben, würde dieser nur +12,5 Punkte bekommen. Würde es eine „Taube“ geben, würde diese nur +7,5 Punkte erhalten. Damit ist die „Bourgeois“-Strategie stabil gegenüber anderen Strategien und ist die einzigste, die in ihrer Reinform ein evolutionsstabiles Gleichgewicht darstellt.

Schlussfolgerungen und Erkenntnisse aus den Modellen

Diese Modelle sind so simplifiziert, dass sich dem Leser die Frage stellt, inwiefern diese uns helfen können, die deutlich komplexeren Verhältnisse in der Natur zu verstehen. Aus den zuvor vorgestellten Modellen lassen sich folgende Erkenntnisse ziehen:

Die beste Kampfstrategie für ein Individuum hängt davon ab, was die anderen Konkurrenten für eine Strategie anwenden. Eine Strategie ist nur dann nützlich, wenn sie die Schwächen der anderen Strategien der Population ausnutzen. Beispielsweise ist ein „Falke“ nur dann effektiv, wenn der Grossteil der Population nur „Tauben“ sind.

Die evolutionsstabile Strategie hängt davon ab, welche Strategien vorhanden sind. Das konnte man daran sehen, dass die evolutionsstabile Strategie beim Falke-Taube-Spiel eine andere war als bei dem Falke-Taube-Bourgeois-Spiel. In der Natur lässt sich oft sehen, dass Auseinandersetzungen selten nach einem Schema ablaufen sondern meist eine Abwechslung von Drohgebärden und Kampf sind. Diese Beobachtung stimmt mit der Berechnung aus dem Falke-Taube-Spiel überein.

Die evolutionsstabile Strategie hängt auch von den Auszahlungswerten der unterschiedlichen Kampfergebnisse ab. Je nachdem, wie viel Gewinn oder Verlust ein Individuum aus einem Kampf ziehen kann, ändert sich die evolutionsstabile Strategie. Beispielsweise würde die evolutionsstabile Strategie sich komplett ändern, wenn eine Verletzung nur -50 Punkte oder deutlich mehr, also -500 Punkte mit sich ziehen würde.

dnt DigiMicro 1.3 – Das digitale Binokular

Viele Biologen interessieren sich auch für Tiere im nicht mehr detailreich sichbtaren Bereich. Ein Beispiel wären die hier in letzter Zeit öfter vorgestellten Ameisen.

Nicht jeder kann sich ein Binokular oder eine hochwertige Kamera mit Lupenobjektiv leisten. Für diese Nutzer werden an verschiedenen Quellen USB-Mikroskope angeboten. Hier gibt es jedoch erhebliche Preisunterschiede, da fragt man sich, wie groß die Qualitätsunterschiede ausfallen.
In diesem Artikel soll das folgende USB-Mikroskop der Mittelklasse beschrieben und getestet werden:

dnt DigiMicro 1.3


In diversen Testberichten wird dieses Gerät angepriesen als unentbehrlich für Juweliere und an Juwelen interessierten Personen, da man mit diesem Gerät kleinste Einschlüsse entdecken könnte. Aufgrund dieser Darstellung zweifelte ich an der Tiefenschärfe und dem Umgang mit beweglichen Objekten. Die bewegten Videos von Asseln und Hundertfüsslern in diesem Videoartikel jedoch überzeugte mich nach längerem Überlegen das Gerät anzuschaffen.

Wie schon andernorts berichtet, ist das Gerät gut verpackt, das Gerät selber hat eine Schutzkappe, die man bei Nichtverwendung zum Schutz der Linse immer draufmachen sollte. Die CD und das „Handbuch“ sind auf den ersten Blick überflüssig, jedoch erfährt man erst durch einen kleinen, beigelegten Zettel, dass das Mikroskop zwei Schärfebereiche aufweist. Wenn das Objekt, ausgehend von einem scharfen Bild durch das Drehen des Schärfereglers unscharf wird, nicht aufhören, ihn zu drehen, denn später wird es dann wieder scharf und um ca. 10 mal so stark vergrößert.

Der Ständer des ca. 11 cm langen und 3 cm dicken Gerätes ist sehr beweglich, so lässt sich das Gerät leicht in die oft benötigte Senkrechte bringen. Jedoch ist das Stativ nicht besonders schwer und fällt bei extremen Positionen leicht um, eine nachträgliche Beschwerung des Stativs mit Gewichten (z.B. Bleigewichte für Gardinen, erhältlich in vielen Baumärkten) ist anzuraten. Das Schärfestellrad ist im Vergleich zur Stabilität schwer zu bewegen, das Gerät muss während der Scharfstellung festgehalten werden und kann erst danach auf dem Stativ selbstständig dem Objekt aufstehen. Eine Scharfstellung während einer Videoaufnahme ist zu vermeiden, da das Bild dann stark wackelt. Es gibt keine automatische Scharfstellfunktion, alles muss manuell eingestellt werden.

In der mitgelieferten Software „MicroCapture“ kann man neben den Grundfunktionen die Auflösung des Geräts einstellen (von 160×120 bis 1600×1200). Mit zunehmender Auflösung verlangsamt sich das Bild, was es schwierig macht, schnelle Bewegungsabläufe zu fotografieren. Die angepriesene Zoomfunktion in der Software lässt sich nur in Bildgrößen unterhalb 1024×768 anwenden (bis zu eben diesem Niveau) und die Videoaufnahme kann ausschließlich in diesem Format ablaufen. Aus diesen Gründen würde ich die Auflösung von 1024×768 als nativ betrachten, jedoch auch als ausreichend.

Darüber hinaus bietet die Software die Möglichkeit, die im Gerät enthaltenen LED’s zur Beleuchtung des zu betrachtenden Objektes an- und auszuschalten. Die LED’s erzeugen auf Glas oder Plastik vor allem bei kleinen Vergrößerungen starke Spiegelungen, sie sollten also bei der Betrachtung von Tieren durch Scheiben o.ä. ausgeschaltet bleiben. Dann sollte man, um ein flüssiges Bild zu erhalten, in einer hellen Umgebung mit dem Objekt arbeiten oder mit einer Taschenlampe seitlich ausleuchten. Ist das Bild zu dunkel, so verlangsamt die Software auf Wunsch das Bild, um es heller zu bekommen. Leider ungeeignet für die Aufnahme flüssiger Bewegungen.

Beim Test betrachten wir erstmal die Fähigkeit des Gerätes, stillstehende tierische Objekte in der maximalen Vergrößerung scharf darzustellen. Dazu wurden von der Gaster einer toten Aphaenogaster subterranea (oben) und einer Aphaenogaster dulcinae(unten) Fotos mit dem Gerät gemacht. Die Gaster eines Tieres ist zwischen 300 und 500 µm lang. Der praktische Zweck dieses Tests ist die Bestimmung der Arten aufgrund morphologischer Merkmale.

Das Gerät vermag in diesem Test ähnliche Leistungen zu vollbringen wie ein Binokular, die verschiedenen Schärfeebenen können problemlos mit Hilfe des Stellrads durchgegangen werden.

Der nächste Test konzentriert sich auf die Fähigkeit des Gerätes, bewegte Bilder in beiden Größenbereichen darzustellen. Dazu wurde ein mit Temnothorax besiedeltes Objektträgernest verwendet, was einen guten Einblick erlaubt. Das Gerät vermag auch in diesem Bereich zu überzeugen, es liefert detailreiche, flüssige Bilder in beiden Schärfebereichen. Die mitgelieferte Software ist zur Aufnahme von Videos nur bedingt tauglich, da man bei der Videoaufnahme wenig manuell einstellen kann. Jedoch lässt sich problemlos ein hochqualitatives Videoprogramm wie z.B. VirtualDub zur Aufnahme verwenden. Die unten angehängten Videos sind im Original deutlich detailreicher, die leichte Unschärfe erfolgt ausschließlich aus Kompressionsgründen (Originalvideo 200 MB, hier dargestellte Version 3 MB). Das zweite Video hätte schärfer sein können, dafür hätte das Tier aber näher am Objektiv sein müssen, der Abstand zwischen vorderem Ende des Geräts und Ameise beträgt ca. 1,5 mm (die Ameise befand sich wenig unterhalb des Objektträgers, das Gerät wurde auf das Objektträgernest direkt aufgesetzt).

Video 1 (Erste Zoomstufe)

Video 2 (Zweite Zoomstufe)

Video 3 (Zusatz: Königin neben Brut)

Video 4 (Zusatz: Arbeiterin trennt Drosophila-Kopf ab und trägt ihn ein)


Letztendlich bleibt zu schlussfolgern, dass das Gerät absolut geeignet ist, um die Morphologie und das Verhalten von kleinen Tieren zu studieren. Will man das Verhalten mit Hilfe diesen Geräts protokollieren, sollte man jedoch auf die richtigen Rahmenbedingungen achten. Die wichtigste Rahmenbedingung ist der möglichst kurze Abstand zwischen Tier und vorderem Ende des USB-Mikroskopes, dann sind auch großformatige Aufnahmen möglich.

Im Vergleich zu dem Gerät ein Ausschnitt eines Bildes der maximal möglichen Vergrößerung ohne Zwischenring einer Olympus-DSRL mit dem Zuiko Digital 2.0/50 mm 1:2 Makro:

Orientierung von Wüstenameisen

Cataglyphis wird, wie alle Insekten, in Kopf, Thorax und Abdomen unterteilt.

Wissenschaftler sind uneinig über die Körpergliederung bei Ameisen, Abdomen wird manchmal in Petiolus und Gaster unterteilt.

Kopf im Vergleich zu anderen Ameisengattungen:
-relativ große Augen zur besseren Orientierung
-Fühler liegen tiefer, um den Blickwinkel nicht einzuschränken
-Mandibeln relativ klein, da keine Jäger, sondern Aasfresser

Komplexauge von Cataglyphis
Das Komplexauge von Cataglyphis ist, wie bei allen Ameisen, ein Appositionsauge
Appositionsaugen zeichnen sich durch durchgängige Pigmentzellen aus (Ommatidien ohne Zwischenräume)
Die Appositionsaugen bestehen bei Cataglyphis aus 500-1300 Ommatidien
Sichtbild ist ähnlich dem menschlichen, nur ist unseres viel feiner gerastert.

Lichtbrechungsapparat:
Cornealinse & Kristallkegel

Rhabdom:
besteht aus den Rhabdomeren von den 8 Sinneszellen, dient als Lichtwellenleiter

Pigmentzellen:
dienen zur Lichtabschirmung

Ocellen von Cataglyphis
Die Ocellen sind Medianocellen, sie liegen in der Kopfmitte
Ocellen sind bei Ameisen Becheraugen
Ocellen sind sehr simpel gebaut, sie können kein Bild erkennen
Die Aufgabe der Ocellen ist nicht zweifelsfrei geklärt!

Theorien:
Sie dienen zur Messung der Lichtstärke
Sie werden für eine Licht-Kompassorientierung verwendet.

Fühler von Cataglyphis
In Ameisenfühlern befindet sich der Tastsinn, der Geruchssinn und der Geschmackssinn.

Arten und Lebensraum
Bisher sind 65 Cataglyphis – Arten bekannt
Der bekannteste Cataglyphis – Forscher, R. Wehner, hat sich auf Cataglyphis fortis spezialisiert, die wir nun auch hier näher behandeln.

Cataglyphis fortis ist monogyn, sie haben nur eine Königin (identifizierbar am verdickten Mittelleib, wo sich früher die Flügel und die Flügelmuskulatur befand).
Cataglyphis fortis sind polymorph, es gibt keine „Soldaten“, sondern nur unterschiedlich große Arbeiter.
Eine Kolonie umfasst mehrere tausend, selten zehntausend Arbeiter.

Die Entwicklung geht von Eiern über Larven zu Puppen bis zur fertigen Ameise (Holometabolie).

Ameisen wachsen nach dem Puppenstadium nicht weiter, ihre Größe wird schon im Larvenstadium durch die gegebene Futtermenge definiert.

Nach dem Ausschlüpfen aus der Puppenhülle halten sich die frischgeschlüpften, hellen Ameisen während dem Aushärteprozess bei der Königin auf, um ihren typischen „Nestgeruch“ anzunehmen.

Cataglyphis fortis sind monodom, haben also nur ein Nest.
Der Bau ist hat nur einen Eingang und ist bis zu 1m tief.
Puppen befinden sich zum Ausbrüten in den wärmeren Kammern des Baus
Larven befinden sich in den feuchteren Kammern des Baus.
Die Königin bewegt sich durch den ganzen Bau, präferiert aber den feuchteren Teil.

Eier werden hinter der Königin hinterher getragen, also befinden sie sich meist auch im feuchteren Teil.

Cataglyphis fortis leben an einem Extremstandort: in der Sahara.

Vorteile:
Keine Prädatoren.
Keine konkurrierenden Arten, nur am Wüstenrand. Dort werden sie allerdings von anderen Arten verdrängt.

Nachteile:
Hohe Temperaturen, zu hoch für einen dauerhaften Aufenthalt außerhalb des Baus.
Wenige andere Lebewesen zum Beutefang vorhanden
Pheromone verflüchtigen sich durch hohe Temperatur schnell.
Wenige Landmarken.

Cataglyphis fortis suchen außerhalb ihres Baus hauptsächlich nach in der Hitze verendeten anderen Insekten.

Auch Samen und Früchte werden, falls vorhanden, gefressen.

Ihr Abdomen ist bei der Fortbewegung auf dem Sand meist nach oben geschwungen, damit es möglichst kühl bleibt und nicht überhitzt.

Je heißer es ist, desto kürzere Distanzen bewegen sie sich zur Nahrungssuche vom Nest fort. Die optimale Jagdzeit ist kurz nach Sonnenaufgang.

Nach Auffinden der Beute wird ihre Größe sowie ihre Distanz zum Nest abgewogen.
Große Beute wird nur nahe zum Nest von vielen Arbeitern in den Bau getragen
Kleine Beute auch von einzelnen Arbeitern bis zu 200 m entfernt vom Nest

Die Beute wird auf dem geographisch schnellstmöglichen Weg zurück ins Nest gebracht.

Wie schaffen sie diese Leistung?

Orientierung von Cataglyphis

1986 zeigten Wehner & Wehner in einem Experiment, dass Cataglyphis fortis nach einem Fund von Futter den geographisch schnellstmöglichen Weg zurück zum Nest nimmt.

Versetzt man die Ameise nach dem Futterfund in eine andere Gegend, läuft sie im gleichen Winkel die gleiche Distanz zu dem Ort, wo das Nest geographisch sein müsste. Die Versetzung wird also nicht registriert.

Schlussfolgerung: Für diese Leistung müssen die Ameisen 2 Mechanismen besitzen:


A) Eine Möglichkeit, sich zu orientieren, um den richtigen Winkel zurück zum Nest zu treffen.


B) Eine Möglichkeit, die Distanz zu messen.

Theoretische Überlegungen: Wegintegration

Schifffahrer verwenden seit Kenntnis der Mathematik die Vektor-Summen-Berechnung, um ihre Position auf See zu ermitteln. Dazu berechnen sie die Position aus der Summe der zurückgelegten Distanz und den Winkeln der zurückgelegten Strecken.
Ist ein solcher Mechanismus bei Cataglyphis vorhanden ? Können Ameisengehirne einen mittleren Laufwinkel anhand der Addition der Winkeländerungen relativ zum Sonnenstand über die Zeit berechnen?

Wehner zeigte 1983 den Gegenbeweis: Ameisen zeigen eine leichte Ungenauigkeit (Winkelabweichung (ε)) auf der Rückkehr zum Nest, je größer der Winkel α ist. Das wäre bei der Anwendung der Wegintegration aber nicht der Fall.

–> Mechanismus der Wegintegration bei Ameisen viel simpler gelöst

Zwischenthema: Was ist Polarisation / polarisiertes Licht?

Polarisiertes Licht = Lichtwelle, die in nur eine Richtung schwingt

Polarisiertes Licht entsteht durch Auftreffen von Sonnenstrahlen auf Partikel, die das Licht dann in die gleiche Richtung lenken. Teilpolarisiertes Licht entsteht also durch das Auftreffen von Licht auf die Atmosphäre (Streuung) oder auf Wasser (Reflexion).

Strahlung am stärksten in Richtung der Sonne –> Polarisationsrichtung dort am besten erkennbar

Der Winkel der Polarisation ändert sich mit unterschiedlicher Wellenlänge nur minimal. –> Lichtfarbe kaum Einfluss.

Polarisation als Orientierungsmöglichkeit

Vorteile:
Orientierung an polarisiertem Licht ist, als würde man einen Kompass verwenden. Die angegebene Richtung verändert sich nur bei Drehbewegungen, nicht bei linearen Bewegungen.
Die Änderungen des Lichtes über die Zeit sind vorhersagbar

Erste Ideen zur Orientierung am Licht kamen durch Santschi‘s Spiegelexperiment 1923 auf, in dem er zum Nest zurückkehrenden Ameisen mit Spiegeln einen falschen Sonnenstand vortäuschte und diese sich dann zum neuen Sonnenstand hin ausrichteten. Orientierung an einem Reiz ohne Aufgabe der Richtungsänderung = Menotaxis

Erst ca. 60 Jahre später, 1982 zeigte Wehner mit Hilfe einer rollenden Apparatur in ihrem Lebensraum eindeutig, dass Cataglyphis in der Lage ist, sich anhand der Polarisationsrichtung des Lichtes zu orientieren.

Weitere Beweise für die Orientierung von Cataglyphis anhand der Polarisation

Schon 1976 entdeckte Wehner et al., dass sich in der dorsalen Augenregion von Cataglyphis fortis wie bei Bienen (1975) spezialisierte Photorezeptoren befinden, die zur Erkennung von polarisiertem Licht benötigt werden.

2006 entdeckte Ronacher et al., dass vor UV-Licht geschützte Bereiche (grauer Bereich in der Röhre) die Ameisen daran hindern, ihre Orientierung entsprechend zum Weg zu ändern –> polarisiertes Licht zur Orientierung stammt hauptsächlich aus dem UV-Bereich

Aufbau der Ommatidien in der dorsalen Augenregion bei Cataglyphis

1993 untersuchten Labhart & Meyer elektronenmikroskopisch die „dorsal rim area“ von Cataglyphis bicolor

Die Rhabdome in der DRA haben charakteristische Formen. Auch besitzen sie nur 2 Gegenden, in denen die Mikrovili senkrecht laufen. Die Mikrovili sind in einem 90°-Winkel zueinander ausgerichtet.

Rhabdomere der UV-Rezeptoren bilden den größten Teil der Zellen in der DRA = Polarisation wird vor allem im UV-Bereich wahrgenommen

Aber: Es wurde nachgewiesen, dass Cataglyphis sich auch mit einer abgedeckten DRA grob an der Polarisation orientieren können!
–> Normale Ommatidien erkennen auch polarisiertes Licht im UV-Bereich

Landmarken

Nach der Versetzung parallel zum Nest läuft Cataglyphis Orienteriungsschleifen um die eigentliche Nestposition. Findet sie aber ein bekanntes Bild einer Landschaft, so findet sie den schnellstmöglichen Weg zur tatsächlichen Nestposition.

1997 wies Akesson et al. nach, dass Cataglyphis sich zur Orientierung, wie zuvor schon bei anderen Insekten gezeigt wurde, auch an Landmarken mit Hilfe von „Schnappschusskarten“ orientieren können.
„Schnappschusskarten“ = vereinfachtes, zweidimensionales Bild von Landmarken

Beim Betrachten einer neuen Gegend: Vergleich mit eingespeicherten Schnappschusskarten zur Orientierung, größte Übereinstimmung wird gewählt.

2002 zeigte Akesson et al., dass Cataglyphis in der Lage ist, „Schnappschusskarten“ zumindest temporär unabhängig von der Polarisation als Orientierung zu benutzen. Andere Wüstenameisenarten benutzen ausschließlich Landmarken zur Orientierung.
Im gleichen Jahr zeigte Collet et al., dass die Erkennung von Landmarken den Ameisen nicht ihre Position verrät, sondern die Erkennung der Landmarke mit der darauf folgenden Aktion gekoppelt ist.

Gerüche
1999 fanden Wolf & Wehner, dass Cataglyphis auch Gerüche zur Orientierung verwenden. Werden von einem Kadaver Gerüche emittiert, so folgt Cataglyphis den Geruchswolken und nicht dem direkten Weg zur Beute.

2005 entdeckten die beiden Forscher, dass die Orientierung nach den Geruchswolken (und damit bei Südwind eine anfängliche Orientierung weg von der Beute) vorteilhaft ist, da ein direkter Weg vor allem bei großen Distanzen einen hohen Fehler und damit eine hohe Ungenauigkeit aufweisen würde.

Distanzmessung

Cataglyphis fortis ist in der Lage, die exakte Position nicht nur durch die Richtung zum Nest, sondern auch durch die Entfernung zu ermitteln. Menschen ermitteln die gelaufene Distanz anhand der Zeit. Wie aber löst das Cataglyphis?

2000 stellten Ronacher et al. fest, dass Cataglyphis fortis die Distanzmessung unabhängig von der visuellen Orientierung vollziehen. Selbst das Erkennen von Landmarken brachte die Ameisen nicht dazu, die zurückgelegte Distanz zu verändern.

2003 fanden Sommer & Wehner heraus, dass Cataglyphis fortis dazu neigen, die zurückgelegte Distanz vor allem bei langen Wegen leicht zu unterschätzen.

Lange Zeit blieb diese Frage offen, bis 2006 Wittlinger et. al. den Ameisen nach Futterfund die Beine verkürzten oder mit Schweineborsten verlängerten und entdeckten, dass sie die Distanz zurück zum Nest unter- bzw. überschätzen.
–>Cataglyphis fortis besitzen einen neuronalen Odometer (Schrittzähler)

Kehrt Cataglyphis fortis mit manipulierten Beinen zurück zum Nest, so ist sie bei der nächsten Beutesuche wieder in der Lage, die Distanz korrekt einzuschätzen –> „Schrittzähler“ wird zurückgesetzt. Ohne zu wissen, dass es sich beim Distanzmesser um ein Odometer handelt, stellten Knaden & Wehner diesen Fakt schon 2005 fest.

Die dritte Dimension wird beim Schrittzähler mit einbezogen, die aufgenommene Distanz berechnet also die Summe der Auf- und Abstiege mit ein. Das konnte 2002 durch Wohlgemuth & Ronacher & Wehner dadurch gezeigt werden, dass die Ameisen selbst bei Auf- und Abstiegen in der Lage waren, die Distanz zum Nest zurück korrekt zu ermitteln. 2005 bestätigten Grah & Wehner & Ronacher diese Leistungen von Cataglyphis fortis.

Sahabot – ein Roboter mit Cataglyphis-Leistungen

Mit Hilfe von R. Pfeifer, einem Informatiker, stellte R. Wehner 1996 einen Roboter namens Sahabot her, der in der Lage war, sich mit den gleichen Orientierungsmöglichkeiten von Cataglyphis fortis zu orientieren: am polarisierten Licht und später auch an Landmarken mittels „Schnappschusskarte“.

Die erste Version erlaubte nur eine Orientierung nach Polarisation und benötigte noch einen externen Ständer. Die 1999 entwickelte zweite Version integrierte die Polarisationserkennung in den Roboter selber und fügte eine Möglichkeit hinzu, sich anhand einer Schnappschusskarte zu orientieren.

Weitwinkel-Sensoren imitieren die im Insektengehirn befindlichen polarisationsempfindlichen Grossfeldneuronen, eine Kamera fotografiert Landmarken. Ein interner Prozessor gleicht die Landmarken mit bereits gespeicherten Bildern ab.

Der Roboter erlaubte, die Theorien über die mögliche Orientierung von Cataglyphis fortis anhand der Polarisation und anhand einer Schnappschusskarte zu beweisen. Auch die Funktion des der erst 2006 entdeckten Schrittzählers könnte leicht anhand Sahabot bewiesen werden.

Artenbrief: Ponera coarctata – eine Urameise

Ponera coarctata, erstmals von Latreille 1802 beschrieben gehört zur Unterfamilie der Ponerinae, die auf deutsch auch „Urameisen“ genannt werden.

Ihren Namen hat die 2-3 mm große Ameise erhalten, da sie von allen Ameisen die älteste bisher erhaltene Form ist. Es ist anzunehmen, dass die erste Ameise, von der ausgehend sich alle heutigen Ameisenarten entwickelt haben, diesem Aussehen sehr nahe kam.

In Deutschland ist sie das einzige vorkommende Mitglied der Unterfamilie Ponerinae. 2003 haben Csösz & Seifert eine weitere Art beschrieben, nämlich Ponera testacea. Ob diese Art in Zukunft mit P. coarctata synonymisiert wird, ist noch offen.
Das Merkmal der Ponerinen ist ihre extrem eingeschnürte Gaster (Hinterleib), die sie so aussehen lässt, als wenn sie nur aus zwei Segmenten bestehen würde.

Die Art lebt bevorzugt in warmen Gegenden in Deutschland und Mitteleuropa, darum findet man sie häufig in Städten. Ihre Nester sind 1-3 cm tief und mit engen Gängen versehen. Die Königinnen sind kaum von den Arbeitern zu unterscheiden, es ist kaum Größenpolymorphie vorhanden.

Die Königinnen gründen nach ihrer Schwärmphase von August bis September semiclaustral. Das bedeutet, sie gründen in einer abgeschlossenen Kammer, die für die Nahrungssuche von Zeit zu Zeit geöffnet wird. Auch ist die Art fakultativ polygyn, es können bis ca. 8 Königinnen in einem Nest zu finden sein, während die Gesamtzahl von Königinnen und Arbeitern die Zahl von 20-40 selten überschreitet. Allerdings wurden unter Laborbedingungen schon Kolonien mit bis zu 135 Arbeitern herangezogen.

Ponera coarctata ernährt sich ausschließlich zoophag, von anderen Tieren. Hauptsächlich wird unter Steinen, nicht weit vom Nest, foragiert und kleine Bodeninsekten oder Enchyträen erbeutet.
Ihr langgestreckter Körper mit kurzen Beinen ermöglicht ein Eindringen selbst in kleinste Spalten zur Jagd.

Als Angriffs- und Verteidigungswaffe verwendet Ponera einen sehr langen und wirksamen Giftstachel. Bevor sie zusticht, verbringt sie allerdings erst Zeit mit Drohbewegungen mit herausgestrecktem Stachel. Selbst eine Ameise der Gattung Lasius, knapp doppelt bis dreimal so groß, war in wenigen Sekunden nach dem Stich bewegungslos.